Stephan Dresen, novalis media, VVA-Wesel Kommunikation
Seine kleine Preisbibel, so nennt Dieter Schmidt seinen 300 Seiten starken
Katalog für 2001. So stolz der Händler auf seinen Wälzer ist,
so ärgert es ihn doch, dass er jedes Jahr aufs neue tief in die Tasche
greifen muss, um das Zahlenwerk auf den neuesten Stand zu bringen. Der Katalog
wird von Hand gesetzt und das ist nicht nur teuer, sondern kostet auch Zeit
– viel Zeit. Dieter Schmidt ist es ein Dorn im Auge, kaum ist der Katalog
endlich fertig, sind bereits gut zehn Prozent der Angebote nicht mehr korrekt
kalkuliert. Grund dafür sind unter anderem schwankende Rohstoffpreise,
die nicht immer ein halbes Jahr vorher abzuschätzen sind.
Seit einigen Monaten drängt sein Sohn, dass das Unternehmen mit seinem
vollen Angebot auch ins Internet soll. Er wünscht sich nicht nur die kleine
Firmenpräsentation auf 10 Webseiten, sondern ein umfassendes Online-Geschäft
mit Produktbildern, Beschreibung, Schaufenster für Sonderaktionen und natürlich
einer Bestellfunktion. Auch über eine CD-ROM mit den mehr als 3.000 Produkten
haben die beiden bereits diskutiert. Sie sollte den Katalog ergänzen, damit
der Kunde schneller in der Informationsfülle suchen kann. Außerdem
muss dann nicht mehr alles in den gedruckten Katalog aufgenommen werden, das
spart Geld.
Grundsätzlich lassen sich natürlich alle drei Projekte völlig
getrennt voneinander durchführen. Doch für die Aktualisieren des gedruckten
Katalogs, Internet-Geschäft und CD-ROM liegen die Kosten zusammen bei knapp
einer halben Millionen Mark und werden auch in den Folgejahren nicht deutlich
weniger. Das kann sich Dieter Schmidt beim besten Willen nicht leisten, auch
ist der Pflegeaufwand für die drei Medien nebeneinander von dem mittelständischen
Unternehmen nicht machbar. Bleibt nur eine Lösung zu finden, die alle drei
Medien miteinander verbindet. So dass die Daten nur noch an einer Stelle gepflegt
werden müssen und voll- bzw. teilautomatisch aus dieser einen Quelle alle
drei Medien gespeist werden. Zwei moderne Schlagworte beschreiben diesen Weg:
Crossmedia-Publishing und Database-Publishing.
(siehe Kasten: Was ist Crossmedia-Publishing und Database-Publishing?)
Werden diese beiden Publikationswege miteinander verbunden, entsteht eine leistungsstarke
und flexible Softwarelösung, die das moderne Erstellen und vor allem Aktualisieren
von großen Dokumenten (wie etwa Katalogen) sehr vereinfacht.
Im konkreten Fall des Herrn Dieter Schmidt bedeutet das eine große Kostenersparnis.
Vor allem bei den folgenden Auflagen des Katalogs sinkt der Herstellungspreis
in allen drei Medien auf weniger als ein Drittel der ersten Herstellungskosten
(Aktualisierung des Druckkatalogs: nur noch etwa 30 % der ersten Satzkosten,
bei CD-ROM: etwa 25 %, beim Internet: sogar nur etwa 20 %). Außerdem lassen
sich so die jeweiligen Medien schneller und damit zeitnaher aktualisieren.
Um den Katalog von Dieter Schmidt auf den modernen Weg zu übertragen, sind
eine Reihe von Schritten nötig:
Zunächst müssen die gesamten Produktdaten des Katalogs strukturiert
werden. Dazu wird ermittelt, welche Eigenschaften (Größe, Form, Material,
Preis ...) die jeweiligen Produkte beschreiben. Da häufig die angebotenen
Produkte sehr unterschiedlich sind, reicht es meist nicht aus, nur die Eigenschaften
aufzulisten. Die Folge wäre, dass am Schluss auf der Liste mehr Eigenschaftsfelder
als Produkte stehen würden. Eine Schmuckschatulle etwa hat völlig
andere Eigenschaften, wie eine edle Armbanduhr und nur wenige sind bei beiden
gleich (die Schnittmenge der Eigenschaftsmengen ist manchmal nur noch der Preis).
Daher werden in diesem Schritt häufig sehr allgemeine Kategorien gewählt,
die dann wiederum auf Eigenschaftsfelder verweisen (Relationen herstellen),
in denen dann die genauen Eigenschaftsdetails abgelegt werden. Am Beispiel der
Schmuckschatulle und Armbanduhr könnte eine solche Kategorie „Form“
heißen, die dann bei der Schatulle auf das Eigenschaftsfeld „Box“
mit den Eigenschaften „Höhe“, „Breite“, „Tiefe“
und „Buchtung“, dagegen bei der Uhr auf das Eigenschaftsfeld „Ringform“
unter anderem mit der Eigenschaft „Durchmesser“ verweisen.
Abbildung 2
Zentraldatenbank aus Printkatalog
Sind alle Eigenschaften und deren Felder erschlossen, lässt sich daraus
eine relationale (auf Relationen aufbauende) und medienneutrale Datenbank erstellen.
Diese dient als „Zentraldatenbank“ und muss im zweiten Schritt gefüllt
werden. Das kann teilautomatisiert aus bestehenden Publikationen, etwa aus den
Satzdaten eines gedruckten Katalogs oder aus anderen Datenquellen wie etwa einem
Warenwirtschaftssystem oder einer Lagerdatenbank geschehen (siehe Abb. 1). Sind
die Daten aus diesen Quellen eingespielt worden, wird in der Zentraldatenbank
auf diese Quellen zurückverwiesen, so dass in Zukunft Änderungen in
diesen Quellen automatisch in die Zentraldatenbank übernommen werden können.
Das vereinfacht die Aktualisierung enorm, so braucht Dieter Schmidt in Zukunft
nur noch die Preise oder andere Produkteigenschaften in seinem Warenwirtschaftssystem
zu verändern. Von dort gelangen diese dann in die Zentraldatenbank, wo
sie wiederum für den gedruckten Katalog, für Internet oder CD-ROM
bereitstehen (siehe Abb.2). Nur Daten, die in keinem anderen System vorhanden
sind, werden über Pflegemasken direkt in die „Zentraldatenbank“
eingegeben und aktualisiert. Diese Daten werden beim ersten Erfassen durch Mitarbeiter
von Hand eingepflegt.
Insgesamt gibt es also drei Datenbanken:
· das bestehende Warenwirtschaftssystem oder ähnliche Datenbanken
im Betrieb, die in Zukunft als Quelle der Inhalte dienen,
· die medienneutrale und relationale Zentraldatenbank, die mit allen
anderen Medien und Datenbanken verbunden ist und aus der sowohl der gedruckte
Katalog, als auch CD-ROM und über die
· Internetdatenbank, das Online-Geschäft im Internet gespeist werden.
Diese drei Datenbanken kommunizieren in einem Datenbankverbund miteinander und tauschen automatisch Daten über definierte Schnittstellen aus, so dass sich Änderungen in allen Datenbanken automatisch wiederfinden (siehe Abb. 3). Durch den Einsatz dieses zentralen Systems wird eine überflüssige mehrfache Datenhaltung vermieden. Die Leitdatenbank ist dabei immer das Warenwirtschaftssystem des Kunden, da es alle Preise und Daten für die Rechnungsstellung und Lagerhaltung enthält. Fehler im Warenwirtschaftssystem würden sich direkt auf die Lagerhaltung und Abrechnung auswirken und für große Probleme sorgen. So ist davon auszugehen, dass dort die „reinsten“ Daten vorliegen.
Wenn die Texte strukturiert archiviert sind fehlen noch die Photos. Denn der
Katalog von Dieter Schmidt ist keine Bleiwüste, neben den Produktbeschreibungen
enthält er noch über 5.000 Bilder. Diese erfordern gesonderte Aufmerksamkeit,
denn für die unterschiedlichen Medien müssen die Bilder in verschiedener
Auflösung vorhanden sein. Das Photo einer Armbanduhr für den gedruckten
Katalog wird also in einer ganz anderen Größe und Dateiform benötigt,
wie für die CD-ROM oder das Internet. Allgemein gilt, für den Druck
muss das Photo in 300 bis 600 dpi (Bildpunkte pro Inch – amerikanisches
Längenmass) vorliegen, meist werden die Photos bereits als farbgetrennte
TIF-Dateien verlangt. Die Datei kann dann zwischen 10 bis zu 100 Megabyte groß
sein. Das wäre für die CD-ROM und erst recht für das Internet
viel zu groß (Übertragungszeiten von mehreren Stunden wäre die
Folge). Für das Netz sollten die Bilder nur etwa ein tausendstel dieser
Größe besitzen – 10 bis 100 Kilobyte. Dazu werden die Bilder
komprimiert und optimiert im JPG-Format abgespeichert und außerdem stark
verkleinert auf nur noch 72 dpi (Bildschirmauflösung). Für die CD-ROM
können die Bilder grundsätzlich etwas größer und weniger
optimiert sein als für das Web. So reicht es dort meist aus, das Bild nur
zu verkleinern, eine spezielle Optimierung durch starke Kompression ist meist
nicht nötig. Um diese verschiedenen Formate zu erreichen gibt es Systeme
in denen die Bilder systematisiert und dokumentiert in einer Bilddatenbank als
Rohdaten verlustfrei abgelegt werden. Von dort können die Photos dann in
der gewünschten Größe, Format und Kompression abgerufen werden,
um dann auf das jeweilige Medium übertragen zu werden. In der Praxis heißt
das, in der Zentraldatenbank werden zu den jeweiligen Produkten Verweise auf
die Bilder abgelegt. In den Vorlagen (Templates, siehe Kasten: Was ist Crossmedia-Publishing
und Database-Publishing?) für die jeweiligen Medien sind dann die genauen
Vorgaben enthalten, in welcher Form das Bild auf das Medium projiziert werden
soll. Für die Produktwebseite im Internet steht dann unter anderem im Template
„<Name des Produktbilds, Höhe, Breite, Datei-Format, Speicherform,
Kompressionsgrad, Farbdefinition>“, damit wird das Bild aus der Datenbank
abgerufen und ausgegeben.
Die eigentliche Publikation des Katalogs geschieht für das jeweilige Medium
getrennt. Im Internet lässt sich dazu eine Mischform aus online-Shop für
das Bestellsystem und Content-Management-System (CMS) einsetzten. Über
das CMS wird das Layout der Produktseiten bestimmt, allgemeine Informationsseiten
wie etwa über das Unternehmen oder Lieferbedingungen erstellt. Auch kann
der Besitzer des online Geschäfts mit dem System einzelne Produkte in einem
Schaufenster auf einer Webseite etwa als Sonderangebote herausstellen und so
den Kunden gezielt darauf aufmerksam machen. Die gesamte Produktpalette ist
dabei im Internet sowohl über Suchfunktionen (über die Eigenschaften,
Typen oder ganz freie Volltextsuche) als auch linear über die Katalogrubriken
und Listen erreichbar. Auf der eigentlichen Produktseite wird dem Kunden dann
die Ware in Text und Bild vorgestellt, auch hier kann der Besitzer noch spezielle
Informationen zu einem Produkt hinterlegen, die etwa nur für das online
Geschäft gelten. Wie das Bestellsystem aussieht hängt von der Ware
und von dem bestehenden Ablauf in der jeweiligen Firma ab.
Auch für den gedruckten Katalog gibt es nicht eine einzige Standardlösung.
Welcher der optimale Weg vom Stehsatz hin zum voll- oder zumindest teilautomatisierten
Satz ist, hängt neben dem Aufbau des Kataloges auch von den Ansprüchen
ab.
Es lassen sich zwei grobe Richtungen unterscheiden:
· automatisierter Inhaltsaustausch
· automatisierter Vollsatz
Der automatisierte Austausch von Inhalten innerhalb eines Satzrahmens bietet
sich vor allem an, wenn sich regelmäßig Texte innerhalb von bestehenden
Seiten ändern. Dies ist der Fall, wenn etwa Preise häufig geändert
oder in andere Währungen überführt werden müssen. Generell
sollte der Inhaltsaustausch gewählt werden, wenn einzelne Produkteigenschaften
häufig wechseln oder der Katalog regelmäßig in eine andere Sprache
überführt werden muss. Beim Inhaltsaustausch werden die Textrahmen
innerhalb des Katalogs mit der Datenbank verknüpft und können so im
Satzlayout immer wieder mit den geänderten Informationen aus der Datenbank
neu gefüllt werden. Werden also die Texte in der Datenbank übersetzt
kann der Katalog in der neuen Sprache zurückgeschrieben werden. Auch ist
der Inhaltsaustausch immer dann das Mittel der Wahl, wenn die einzelnen Katalogseiten
so unterschiedlich sind, dass ein automatisierter Vollsatz nicht gelingen kann.
Denn beim automatisierten Vollsatz werden die Seiten völlig neu aus der
Datenbank mittels Vorlagen generiert. Eine Software wie etwa „InBetween2“
hilft dabei als Mittler zwischen der Datenquelle und dem Produkt.
Diese Form des Database-Publishing bietet automatischen Umbruch und kann so
die einzelnen Produkte immer neu über die Seiten verteilen. Das gelingt
aber nur, wenn wenigstens eine geringe Systematik vorliegt und nicht für
jedes Produkt eine eigene Vorlage (siehe Kasten: Was ist Crossmedia-Publishing
und Database-Publishing?) erstellt werden muss. Um die Vorlagen (Templates)
korrekt anzuwählen, muß die relationale Zentraldatenbank um produkt-
und produktgruppenspezifische Satzinformationen erweitert werden. Auch nach
dem vollautomatisierten Satz ist ein menschlicher Kontroll- und Korrekturlauf
unabdingbar. Nachkorrigieren von Hand und das nachträgliche Einfügen
von Anzeigen und Indizes ist auch hier nötig.
Egal welche Lösung gewählt wird, grundsätzlich muss die Software
nicht im Betrieb bereitgestellt und gewartet werden. Es müssen keine teuren
Experten und Systemadministratoren eingestellt werden. Das Konzept der ASP greift
hier.
ASP heißt „Application Service Providing” und bedeutet, dass
ein Dienstleister die gesamte Software für einen betreibt, betreut, wartet
und aktualisiert. Die Softwarelösung ist (natürlich mit modernen Sicherheitsmaßnahmen
abgesichert) jederzeit über das Internet zugänglich. So ist eine vollständige
Pflege und ein Sicherung der Daten möglich. „Hosting“ wird
dieser Service in der Fachsprache der IT-Branche genannt und er umfasst:
· eine garantierte Absicherung gegen Ausfälle (meist bei über
98 %)
· technische Software- und Datenbankpflege
· regelmäßiges Backup und Datensicherung
· Technische Serverwartung und -pflege
· Support und Korrektur bei Softwareproblemen
Achtung noch ein kleiner Hinweis: Bei Garantien gegen Ausfälle ist eine
hoch scheinende Zahl wie 98 % nur scheinbar hoch. Sie bedeutet, dass die Software
sieben Tage im Jahr ausfallen darf, trifft das genau in die Produktionszeit,
kann es sehr ärgerlich werden.
Noch einmal in Kürze:
Zielsetzung
· Erstellen einer Katalogdatenbank (u.a. für Neue Medien, Internet,
CD-ROM)
· Automatisierter Satz aus einer Katalogdatenbank (Database-Publishing),
· Minimieren der händischen Pflege, Einsparpotential
· Satzdaten im Standard-Format (QuarkXPress)
· Verknüpfen der Katalogdatenbank mit Warenwirtschaft
· Daten- und Softwarebetreuung durch Dienstleister (ASP)
Vorteile des Systems
- geringer Pflegeaufwand
- schnelleres und kostengünstigeres Aktualisieren
- weitgehend automatisches Erstellen des Print-Kataloges, CD-ROM und Internet
- geringere Kosten in der Datenhaltung, Pflege, Administration und Medienproduktion
- Flexibilität durch aktuelle, medienneutrale Datenbestände
- Qualitätssteigerung durch bessere Kommunikation
- gleichbleibend hohe Qualität durch weniger manuelle Eingriffe